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Alain ALTINOGLU
Pelléas et Mélisande: Zwischen Mythos und Menschlichkeit
Erschienen Online Merker
Der französische Dirigent Alain Altinoglu debütierte 2011 an der Wiener Staatsoper, damals stand Gounods Roméo et Julietteam Programm. Nach Werken von Mozart, Verdi und Strauss leitet er wieder eine französische Oper: Pelléas et Mélisande von Claude Debussy, in der Neuinszenierung von Marco Arturo Marelli. Im Anschluss an eine Orchesterprobe nahm sich Altinoglu Zeit, um Einblicke in Debussys Meisterwerk zu geben.
Im Interview vor drei Jahren sprachen wir über symphonische Musik, unter anderem über den Einfluss der gesprochenen Sprache eines Komponisten auf dessen Tonsprache. Bei Vokalmusik, besonders bei musikdramatischen Werken besteht eine noch engere Verbindung?
In Opernwerken erhält die Verbindung von Wort und Musik tatsächlich eine spezielle Gewichtung. Und bei Pelléas et Mélisande finden wir Wort-Ton-Gefüge, das regelrecht eine Einheit bildet:Nach dem Besuch des Theaterstücks von Maurice Maeterlinck entschloss sich Debussy zur Vertonung des Textes – ein unterschiedlich formulierter Text hätte zu einem völlig anderen Klangergebnis geführt! Das erklärt sich durch Debussys Kompositionstechnik, sich von der Sprachmelodie leiten zu lassen. Er baute sogar „Sprach“pausen ein, um Sätze zu akzentuieren – eine Technik, die für jeden Schauspieler selbstverständlich ist, doch diese Freiheit bleibt dem Sänger, der sich an die Noten zu halten hat, verwehrt. Dadurch ist es für die Gesamtwirkung essentiell, nicht nur den Gesang an sich, sondern dieWorte gut hören zu können; selbst wenn das Publikum Französisch nicht beherrscht, erfasst es intuitiv die Agogik der Sprache.
Was bedeutet es für Sie, eine Oper in Ihrer eigenen Muttersprache zu dirigieren?
Es erleichtert mir die Arbeit ungemein, ich kann feinere Nuancen herausarbeiten und mit höherer Subtilität und Differenzierung agieren. In Pelléas enthält fast jeder Satz, jedes Wort einen Doppelsinn, der sehr schwer zu erfassen ist, wenn man nicht französisch spricht. Maeterlincks Sprache ist äußert symbolisch, oft begegnen wir scheinbaren Gegensätzen wie bei Mélisande, wenn sie sagt: „Ich bin glücklich, aber ich bin traurig.“ Und in seinen Zeilen schwingt nicht selten eine sexuelle Bedeutung mit, Maeterlinck bewegt sich des Öfteren auf einem Grat von Sinnlichkeit und Sexualität.
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